Wann gibt es vorgezogene Neuwahlen?

Auf dieser Seite werden Gründe, warum es Neuwahlen geben könnte, genauer untersucht. Außerdem wird der Frage nachgegangen, ob es Neuwahlen geben könnte, wenn eine Regierungsbildung nicht möglich ist.

Der Artikel befasst sich ausschließlich mit der Situation in Deutschland.

Deutsche Bundestag
Das Deutsche Parlament darf keine Neuwahlen anordnen!

Wenn sich die Regierungsbildung nach einer Bundestagswahl schwierig gestaltet, wird regelmäßig die Möglichkeit einer vorgezogenen Neuwahl ins Spiel gebracht, die für eine veränderte Ausgangslage sorgen soll.

Aus rechtlicher Sicht ist dieser Wunsch allerdings nicht unproblematisch: Neuwahlen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und können nicht vom Parlament selbst initiiert werden.

Was sind vorgezogene Neuwahlen?

Als vorgezogene Neuwahl bezeichnet man jede Wahl, die vor dem Ablauf einer regulären Legislaturperiode stattfindet und damit den gesetzlich vorgesehenen Vierjahresrhythmus sprengt.

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kam es bislang drei Mal zu vorgezogenen Neuwahlen.

1972 verlor der damalige Bundeskanzler Willy Brandt die Vertrauensfrage, was zur Auflösung des Parlaments führte. Die anschließende Neuwahl wurde von Brandts SPD wiederum gewonnen.

1982 führte Helmut Kohl eine Neuwahl herbei, um seiner neuen Regierungskoalition mit der FDP mehr Legitimation zu verschaffen, was wenige Monate später gelang.

Der jüngste Fall stammt aus dem Jahr 2005, als Gerhard Schröder ein Jahr vor Ablauf der Legislaturperiode die Vertrauensfrage stellte, um vorgezogene Neuwahlen zu erreichen. Die anschließende Wahl wurde von der SPD verloren.

Gründe für vorgezogene Neuwahlen

Das Grundgesetz sieht derzeit nur zwei Szenarien vor, die zu vorgezogenen Neuwahlen führen können.

Wenn der Bundeskanzler nicht mit absoluter, sondern nur mit relativer Mehrheit gewählt wird, steht es dem Bundespräsidenten frei, das Parlament aufzulösen, was nach spätestens 60 Tagen zu Neuwahlen führt.

Das Parlament selbst kann nach derzeitiger Gesetzeslage nicht seine eigene Auflösung beschließen, der Bundeskanzler hat allerdings die Möglichkeit, die Vertrauensfrage zu stellen und bei negativem Ausgang dem Bundespräsidenten die Auflösung des Bundestages vorzuschlagen.
Dieser Weg wurde in allen drei bisherigen Fällen gewählt. Der Bundespräsident hat in diesem Fall 21 Tage Zeit, um über die Auflösung des Parlaments zu entscheiden.

Sind Neuwahlen möglich, wenn keine Mehrheit für eine Regierung zu finden ist?

Grundsätzlich ist dieser Fall im Grundgesetz nicht vorgesehen. Zwar muss sich der Bundestag innerhalb von 30 Tagen nach einer Wahl neu formieren, für die Regierungsbildung gibt es eine derartige Frist aber nicht.

Die alte Regierung bleibt grundsätzlich so lange im Amt, bis der Kanzler gewählt und eine neue Regierung installiert ist. Dies gilt auch dann, wenn eine der Regierungsparteien im neuen Bundestag nicht mehr vertreten ist.

Schwierige Koalitionsverhandlungen sind also kein hinreichender Grund für vorgezogene Neuwahlen, es muss stattdessen immer einer der beiden zuvor beschriebenen Wege gewählt werden.


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Autor: Martin Kloeble
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